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XieLong — Nostromo Diamantez Tagebuch 3
Published: 2010-11-09 02:01:46 +0000 UTC; Views: 408; Favourites: 0; Downloads: 6
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Description Gerade einmal ein Tag ist vergangen, seit ich das letzte Mal dieses Buch aufschlug und meinen Reisebericht fortsetzte…
Ich saß also nach dem überstandenen Kampf auf dem Deck des größeren Schiffs, als der Kapitän des Postfrachters zu mir kam. Wie er mir mitteilte war er von unserem Sieg so überrascht, dass er nicht einmal genau wusste, was mit dem gewonnenen Schiff anzufangen war. Wir konnten uns dann darauf einigen, das größere Schiff bei der nächsten Flusszollstelle abzugeben – mit einem Hinweis auf die vormaligen Besitzer, die eigentlich unser Hab und Gut erbeuten wollten.
Bis es aber soweit gewesen war, musste das größere der beiden Wasserfahrzeuge bemannt werden während das Andere im Schlepptau mitgezogen wurde. Nachdem das alles eingerichtet war ging die Fahrt stromabwärts weiter, immer Richtung Perricum.
Die Praiosscheibe war noch auf der Hälfte ihrer Höhe, als wir die nächste Stadt erreichten: Sperrketten einer Zollstation blockierten uns die Weiterfahrt und am Ufer begrüßte uns ein schmerbäuchiger Zöllner mit einem großväterlichen Lächeln. Unser Kapitän, meine Reisegefährten und ich gingen also von Bord um mit ihm die Durchfahrtsbedingungen zu verhandeln. Er wollte ein paar Silberstücke pro Person von allen Passagieren (mit dem Kapitän hatte er scheinbar eine bestehende Abmachung), die wir natürlich zahlten. Dann sprach Hafenmeister Olbart (so stellte er sich uns vor) jedoch ein anderes Thema an, dass unsere Reise noch deutlich beeinflusst hat: Aufgrund regionaler, politischer Machtkämpfe durften keine Schiffe die Stadt in Richtung Perricum verlassen – Ausnahmegenehmigungen wurden nur vom Baron erteilt. Dementsprechend erkundigte ich mich direkt nach einer möglichen Audienz und wies bei dieser Gelegenheit auf unser zweites Schiff und die zugehörigen Piraten hin. Daraufhin schrieb mir der zuvorkommende Hafenmeister eine kurze Nachricht für den Baron, die mir gleichzeitig den Zugang zu dessen Residenz ermöglichen sollte.
Wir dankten Olbart vielmals, vereinbarten mit unserem Kapitän noch einen Treffpunkt zum nächsten Sonnenaufgang und spazierten hinein nach „Haven", Richtung Reichenviertel zum Baron. Kaum drei Schritte vom Zollhaus entfernt wurden wir von einem Mann aufgehalten. Wobei „Mann" an dieser Stelle nur auf einen erwachsenen, männlichen Menschen hinweisen soll. Ansonsten hatte die Gestalt eher weniger männliches an sich: Er war nicht einmal so groß wie ein Zehnjähriger, keine Spur von Bartwuchs, lange Haare… der winzige Zauberstab in seiner Hand und die magische Symbole auf seiner Kledage wiesen ihn jedoch augenscheinlich als Gildenmagier aus. Ziemlich sonderbarer Vogel. „Ich habe zufällig euer Gespräch belauscht…", erzählte er uns. Und dass er ebenfalls zum Baron möchte, aber noch nicht einmal in den entsprechenden Stadtteil gelassen wird. Und dann stellte er sich vor, als „Adeptus Minor Jasper Styrmer". Großartig, ein geschrumpfter Magier – genau das hat mir doch gefehlt. Da er uns jedoch versprach uns durch die Stadt zu geleiten, nahmen wir ihn mit.
Natürlich wollte man auch uns den Eintritt in das Viertel verwehren (man kann es den Wachen auch nicht verübeln, immerhin sahen wir aus wie eine Gruppe Strauchdiebe), doch durch Olbarts Schreiben wurde uns der Zutritt dann dennoch gestattet. Ich musste ein wenig schmunzeln, wie viel Aufheben in dieser Stadt um die Residenz der „Reichen" gemacht wurde – schließlich unterschieden sich die Bauten kaum von denen der Unterstadt, höchstens mal ein zweites Stockwerk oder eine Laterne an der Fassade.
Eine Ausnahme von dieser schlichten Bauweise bildete das Ratshaus, in dem wir den Baron zu treffen hofften. Natürlich versperrte man uns auch diesmal die Passage, mit der Begründung dass der Baron gerade Kriegsrat abhalten würde – eine Audienz wäre, wenn überhaupt, erst einige Tage später möglich gewesen. Wir versuchten dem Wachposten klar zu machen, dass wir nur wenig Zeit hatten und lediglich eine Durchfahrtsgenehmigung bräuchten – das brachte ihn etwas in Erklärungsnot, woraufhin er sich auf das Argument versteifte, dass meine Gruppe „gegen das Gemeinwohl gerüstet" sei und eigentlich auf der Stelle die Stadt verlassen müsste. Ich versuchte ihn zu besänftigen, in dem ich selbst meinen Khunchomer ablegte und Haya bat, es mir gleich zu tun. Der sträubte sich jedoch vehement dagegen, sich von seinen Speeren zu trennen. Also entschieden wir, dass Haya vor dem Ratshaus warten muss während Selina, Styrmer und ich rein gingen um mit dem Baron zu reden.
Man ließ uns einige Zeit im Wartezimmer Platz nehmen, bis schließlich der Baron auftauchte. Er wirkte in der Tat etwas gehetzt, doch ich war schon überaus zufrieden damit, dass er überhaupt Zeit für uns aufbringen konnte. Deshalb schilderte ich ihm auch so knapp wie irgend möglich die Problematik, übergab ihm den Zettel von Olbart und bat um Genehmigung zur Durchreise. Der Baron wollte es jedoch nicht verantworten, Zivilisten in das östlich gelegene Konfliktgebiet ziehen zu lassen, gab uns aber freundlicherweise die Empfehlung, das Gebiet großräumig zu umgehen. Wir nahmen diesen Alternativweg dankend zur Kenntnis, trotzdem erklärten wir ihm, dass wir durchaus auf uns aufpassen können. Nachdem er das gehört hatte, ließ sich der Baron auf einen Kompromiss ein: Das von uns angemietete Schiff durfte zwar nicht weiterfahren, wir jedoch bekamen die Erlaubnis, uns beliebig durch das Gebiet bewegen zu dürfen. Nichtsdestotrotz wies er noch einmal mit Nachdruck auf die drohenden Gefahren des so genannten „Bluttals" hin – bevor wir schließlich los durften.
Die Nacht verbrachten wir in einer netten Taverne am Rande der Stadt. Der Magier Styrmer hatte scheinbar beschlossen uns zu (ver-)folgen, denn er wich seit diesem Augenblick nicht mehr von unserer Seite und mietete sich ein Zimmer im selben Gasthaus. Davon unbeirrt machten sich Selina, Haya und ich am nächsten Morgen auf den Weg zum Hafen um den Kapitän des Postschiffs von unserer Reiseänderung zu informieren. Anschließend führte unser Weg aus der Stadt nach Osten. Wie hatten entschieden, den Weg um das Bluttal herum zu gehen, um Konfrontationen zu vermeiden.
Leider war nicht einmal dieser Gebirgspfad frei zugänglich – denn er verlief durch ein Gebiet welches von Goblins beansprucht wurde… Demnach blieb uns nichts anderes übrig als tatsächlich unser Schicksal im Bluttal herauszufordern. Glücklicherweise hatten wir das gesperrte Tor bereits umgangen, so dass niemand im Tal von unserer Anwesenheit wusste. Und natürlich war es unser Ziel, unentdeckt zu bleiben.
So wanderten wir also in der Deckung der Flora, überquerten den Fluss an einer flachen Stelle und erreichten eine größere Waldfläche, in der wir erst einmal eine Lagebesprechung vornahmen – denn die Dämmerung stand kurz bevor. Zum einen wären wir in der Nacht noch schwieriger zu sehen gewesen, auf der Gegenseite hätten wir auch nicht allzu viel sehen können. Trotzdem entschieden wir uns am Ende für eine Nachtwanderung, denn niemand wollte unbedingt mehr Zeit in diesem Tal verbringen als nötig.
Wir überquerten vorsichtig einen der vielen Wege, die das Tal durchzogen und kamen in das nächste bewaldete Areal. Haya, hellhörig wie eh und je, bemerkte schon weitem, dass wir diesmal nicht alleine waren – etwa 150 Schritt von uns entfernt lagerte eine größere Gruppe Soldaten. Das wäre an sich kein Problem gewesen, da sie uns ja noch nicht bemerkt hatten. Nur dann wurde es schwierig, auch unbemerkt an ihnen vorbeizukommen… Der Wald, voller Blätter und Äste forderte seinen Tribut: Nach einigen ungelenken Schritten meinerseits schallten Rufen vom Soldatenlager zu uns herüber: „Hey, wer da?" „Is' da wer?" Im Anschluss daran fragten sie auch, ob wir zu einer der beiden Parteien (ich habe deren Bezeichnungen leider vergessen) gehören würden. Wir antworteten den Rufern selbstverständlich nicht, um unsere Position nicht vollends preiszugeben.
Derweil bewegten wir uns immer weiter weg von den Soldaten, raus aus dem Waldgebiet. Nur Styrmer blieb zurück, doch das war mir in dem Moment ziemlich egal. Zügig erreichten wir den nächsten Weg, mittlerweile fast rennend, weil uns – den Geräuschen nach zu urteilen – immer noch die Soldaten auf der Spur waren.
Ich bündelte meine gesamte Aufmerksamkeit, um mich in der Dunkelheit der unbekannten Umgebung zu Recht zu finden, da sah ich in der Nacht ein riesiges Tier auf der Straße: Ein fast drei Schritt große, silber schimmernde Katze mit gewaltigen Zähnen. Das hatte uns grade noch gefehlt. Erstaunlich war jedoch, dass die Katze sich nicht rührte, selbst als wir näher kamen. Dann erkannten wir noch etwas: Das Tier trug Styrmers Zeug im Maul - konnte es sein, dass…? Meine Trauer hielt sich stark in Grenzen, viel wichtiger war mir in diesem Augenblick, nicht das nächste Opfer der Bestie zu werden. Allerdings war sie vollgefressen, und vielleicht deshalb auch so träge. Haya und ich wechselnden einen vielsagenden Blick und umkreisten das Geschöpf in sicherem Abstand. Kaum waren wir jedoch wieder zurück auf dem Pfad, da holte uns das Tier ein und platzierte sich abermals vor uns. Das konnte nicht mit rechten Dingen zu gehen… und während die Riesenkatze das Bündel von Styrmer vor uns ablegte, erinnerte ich mich an ein kurzes Gespräch, dass ich mit Styrmer bei Einbruch der Dunkelheit geführt hatte: Er erzählte mir irgendetwas von wegen dass er sich verwandeln könne und für ihn deswegen keinerlei Gefahr bestünde… damals dachte ich nur, der kleine Magier will sich vor mir wichtig machen, also tat ich seine Ausführungen mit einer bissigen Bemerkung ab und dachte nicht weiter an die Sache.
Aber diese Katze dort auf dem Weg, mit Styrmers Klamotten – das könnte der verwandelte Magier sein. Nach dieser Erkenntnis meinte ich kurz zu Haya „Ich glaub', das ist Jasper." – und wir gingen einfach den Weg weiter, nicht mehr so zügig, denn mittlerweile waren die Geräusche der Verfolgung wieder der Stille der Nacht gewichen.
Vielleicht etwas zu still, für einen Wald. Haya ging voran, denn seine Sinne übertreffen die meinem bei weitem, wie er schon oft bewiesen hat und was ich überaus zu schätzen weiß. Und, als ob ich es beschworen hätte, bedeutete mir Haya in eben jenem Moment stehen zu bleiben, während er in die Schwärze des Unterholzes zeigte und dann eine ruckartige Bewegung mit der Hand ausführte. Scheinbar ein Hinterhalt. Zugegebenermaßen wusste ich nicht Recht, was ich tun sollte – und auch Haya verharrte komplett regungslos, bis auf seine Rechte, die sich lautlos zu einem der Wurfspeere auf seinem Rücken bewegte. Es verging einer dieser Momente, von denen man nicht sagen kann ob sie nur wenige Herzschläge oder mehrere Götterstunden dauern, anfühlen tat es sich wie beides. Auf einmal jedoch bricht ein markerschütternder Schrei aus den Gebüschen, genau dort wo Haya hingedeutet hatte – gefolgt von weiteren Rufen und Lauten des Entsetzens. Keinen Augenblick später sehe ich einen Schemen von einem Mann vor uns auf den Weg hechten – der kurz darauf von Hayas Speer getroffen zu Boden fällt. Seine Kameraden verteilen sich – nach dem was man hört – in die anderen Richtungen des Waldes.
Bemerkenswert ist Hayas Ruhe und Gelassenheit, mit der er zu Werke geht. Zweimal dreht sich sein Kopf, dann scheint die Lage für ihn absolut klar zu sein und er läuft auf den Verwundeten zu. Ich fragte mich, was er zu diesem Zeitpunkt vorhatte, und vermutete irgendwie, dass Haya ihm gleich den Gnadenstoß geben würde. Doch damit lag ich vollkommen falsch, denn der Moha beugte sich über den verletzten Soldaten, sprach beruhigend auf ihn ein und verband ihn sorgsam. Als ich dazu kam, konnte ich hören, was der Soldat die ganze Zeit panisch vor sich hinsprach: „Es war der Zant! Der Zant! Er war es…!" Ein Zant? Bitte nicht doch… auch wenn das eine sehr plausible Erklärung für die Umbenennung des Tals gewesen wäre. Moment – Vorhin auf dem Weg saß der vermeintlich verwandelte Styrmer, eine riesige Katze mit ebenso riesigen Zähne – die Beschreibung passt auch auf alles, was ich bisher über Zants gehört habe. Boron steh uns bei, wenn das wahr ist… Ich nahm Haya kurz beiseite und erläuterte ihm meinen Gedanken in Kürze, mit der Schlussfolgerung dass wir uns vor dem Magier durchaus in Acht nehmen sollten.
Der Soldat war kaum auskunftsfähig, doch immerhin verriet er uns, dass wir nur dieser Straße folgen müssten um zu einem Dorf zu gelangen – dieses würde er aber unter keinen Umständen betreten. Was dort genau los sei, wollte oder konnte er uns jedoch nicht berichten.
Egal, ich wollte raus aus diesem Tal und hatte eh nicht vor, irgendwelche Dörfer zu besuchen. Also schlugen wir einen Bogen um das Dorf und erblickten bei Sonnenaufgang den Ausgang des Tals. Mittlerweile hatte sich auch Styrmer in menschlicher Gestalt wieder unserer Gruppe angeschlossen, doch die Stimmung war gedrückt und es wurde wenig gesprochen.
Wie schon der Eingang auch war auch diese Seite nicht frei passierbar, in diesem Fall wegen einem Bataillon Soldaten, die genau in dem Pass lagerten. Der verarztete Soldat freute sich ungemein über diesen Anblick und humpelte über die Lichtung zu seinen Kameraden.
Wir jedoch wollten um jeden Preis Kontakt mit den Streitkräften vermeiden, da eine Verwicklung in die lokalen Streitigkeiten unabwendbar gewesen wäre. Also entwickelten wir den Plan, an dieser Stelle aus dem Tal zu klettern – so wie wir auch hinein gekommen waren. Leider durchkreuzte uns die Höhe der Seitenwände diesen Plan – da kamen wir nicht ohne herabgelassenes Seil herauf.
Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als mal wieder etwas Magie zu wirken. Allerdings nicht in Gegenwart dieses fragwürdigen Magiers. Daher bat ich Haya sich eine Ablenkung für Styrmer auszudenken. Nun gut, kurze Zeit später stellte sich heraus, dass der Moha nicht die ideale Personen für diese Aufgabe war – denn ein „Geh mal das Gelände dort drüben erkunden!" aus dem Mund eines Waldmenschen wirkt wenig glaubwürdig. Die Situation war wohl verloren, also sagte ich dem Magier einfach wie es war: „Wir wollen dich nicht mehr dabei haben. Ab jetzt gehen wir wieder getrennte Wege." Daraufhin verzog sich Styrmer ziemlich beleidigt. Mir sollte es egal sein, Hauptsache unbeobachtet. Doch scheinbar wurde dieses Verhalten vom Kosmos nicht für Gut befunden – und so brauchte ich sagenhafte vier Anläufe, bis ich eine Zone der Levitation mittels des Nihilogravo zustande brachte. Schließlich erzeugt ich dann doch noch eine stabile Matrix und konnte mit Haya sanft die Felswand hinaufschweben.
Oben angekommen erblickten wir Styrmer, der – ganz der naive Magier – seinen Lagerplatz inklusive Feuerstelle direkt über der Armee aufgeschlagen hatte, höchstens zwanzig Schritt Luftlinie entfernt. Haya und ich lachten kurz über seine Torheit und schritten die Straße hinunter, auf der Suche nach einem wirklich geeigneten Rastplatz – schließlich liegt eine Nacht voller Anspannungen und umso weniger Entspannungen hinter uns.
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